Exkursion von Priesterseminar und Pastoralkurs
von 4. bis 8. Oktober 2018 nach Polen
Donnerstag, 4. Oktober – Bericht von Thomas Kettel
Früh (um 5:10 morgens!) ging es von unserem Seminar aus zum Frankfurter Flughafen. Von dort flogen wir nach Krakau, wo wir von unserer Fremdenführerin herzlich begrüßt wurden. Nach einer kurzen Busfahrt in die Innenstadt ging es zu Fuß auf den Wawel, auf dem die Kathedrale des Erzbistums Krakau steht. Der Weg zum Mittagessen führte uns dann durch die hübsche Innenstadt. Mit dem Bus fuhren wir dann zum Zentrum für Dialog und Gebet in Auschwitz. Geistlich abgerundet wurde der Tag mit der Feier der Messe und der Vesper in der dortigen Kapelle. Im Anschluss war Raum für Gespräch und Begegnung in freiem Rahmen.
Freitag, 5. Oktober – Bericht Jens Ginkel
Der zweite Tag unserer Exkursion auf den Spuren der heiligen Edith Stein stand ganz im Zeichen der Besichtigung des Stammlagers Auschwitz und des nur wenige Kilometer entfernten Außenlagers Auschwitz-Birkenau. Durch die beiden Lager und ihre auch heute zumindest noch zu erahnenden Schrecken führte uns über sechs Stunden hinweg ein deutschsprachiger Guide, der mit großer Sachkenntnis Hintergrundinformationen zum Gesehenen beisteuerte. Die beiden unter weitgehender Bewahrung der nach dem Krieg noch erhaltenen Gebäude und Strukturen behutsam zu Gedenkstätten umgestalteten Lager boten eindringliche Bilder der systematischen Vernichtung menschlichen Lebens: etwa im Stammlager einen Berg aus zwei Tonnen Menschenhaaren, die Insassen bei ihrer Ankunft im Lager vom Körper geschoren wurden – gleich daneben liegend ein Filzteppich, der für den deutschen Markt aus solchen Haaren hergestellt wurde. In einer der Baracken mit ihren primitiven Etagenbetten hing passend dazu an zwei einander gegenüberliegenden Wänden eine Galerie aus Hunderten von Fotos kahlgeschorener Lagerinsassen, die bei deren Ankunft erstellt wurden und Gesichtsausdrücke von Verängstigung über Gefasstheit bis hin zu einem scheinbar ungebrochenen Stolz zeigten. Das Außenlager Birkenau gab einen Eindruck von einer auf industrielles Niveau gesteigerten Menschenvernichtung: die Bahngleise, über die in Viehwagen Neuankömmlinge angeliefert wurden, von denen die meisten direkt in den Gaskammern und anschließend in den Krematorien landeten, eine fast endlos wirkende Aneinanderreihung von zugigen Pferdeställen, in denen die übrigen Insassen hausen mussten, schließlich die Überreste einer zerstörten Gaskammer mit Krematorium, in der auch die heilige Edith Stein ermordet wurde – daneben der Tümpel, in den man nach der Verbrennung ihres Leichnams ihre Asche kippte.
Zum Gedenken an die Opfer des Holocausts schlossen wir der sachlich gehaltenen Führung einige Stationen eines Auschwitz-Kreuzwegs des deutschen Priesters Manfred Deselaers an. Pfarrer Deselaers, der sein ganzes Leben der jüdisch-christlichen und deutsch-polnischen Aussöhnung verschrieben hat, trafen wir, nachdem wir zusammen mit ihm im Zentrum für Dialog und Gebet eine bewusst sehr einfach gehaltene Messe gefeiert hatten, noch abends zu einer Gesprächsrunde über die Erfahrungen und Gedanken, die uns an diesem Tag beschäftigten. Die Diskussionsrunde brach das weitgehende Schweigen dieses Tages auf. Die inneren Bilder des Gesehenen aber werden bleiben.
Samstag, 6. Oktober – Bericht Stefanie Bitz
Nach einer langen Busfahrt wurden wir mit einem leckeren Mittagessen auf dem Gut Kreisau empfangen. Die Adelsfamilie von Moltke erwarb das Gut und war bis 1945 in dessen Besitz. Es hatte während des 2. Weltkriegs eine große Bedeutung: Aufgrund der günstigen Verkehrsanbindung traf sich hier die Widerstandsbewegung „Kreisauer Kreis“. Diese bürgerliche Widerstandsgruppe setzte sich für eine Stabilisierung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse nach dem 2. Weltkrieg ein. Nach einer umfangreichen Renovierung wurde das Gut im Jahr 1998 als eine internationale Begegnungsstätte „Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung“ eröffnet. Dort treffen sich bis heute tausende Jugendliche. Am Abend erwartet uns ein spannender Vortrag über Edith Stein von unserem Regens.
Sonntag, 8. Oktober – Bericht von Maximilian Eichler
Sonntag führte uns in Breslau in die Kapelle der Hedwigschwestern. Dort feierten wir zusammen mit der Deutschen Gemeinde die Heilige Messe. An diesem Tag konnten wir zusammen mit unserem Spiritual Pater Clemens M. Löcher SJ sein 40-jähriges Priesterjubiläum feiern. Am Nachmittag wurden wir durch die Breslauer Stadt geführt. Unsere Stadtführerin zeigte uns neben der Altstadt Breslaus verschiedene Stationen im Leben Edith Steins, wie die Universität oder die Weiß-Storch-Synagoge. Am Abend beschäftigten wir uns noch einmal mit der Theologie Edith Steins, indem wir über einen Text von ihr miteinander ins Gespräch kamen.
Montag, 7. Oktober – Bericht von Alexander Deick
Am letzten Tag unserer Exkursion feierten wir morgens in der Michaeliskirche, die Edith Stein selbst häufig zum Gebet aufgesucht hat, in der dort befindlichen Edith-Stein-Kapelle die Heilige Messe. Daraufhin machten wir uns erneut mit unserer Stadtführerin Renata Bardzik-Miloz auf, Breslau zu erkunden. Im ehemaligen Haus der Familie Stein lernten wir viel über die Zeit der Heiligen in Breslau, aber auch zur Arbeit der Edith-Stein-Gesellschaft. Diese möchte mit dem Haus den Raum des Treffens, des Dialogs und der Entwicklung geben. Das Ziel der Gesellschaft ist, eine aktive und verantwortliche Gesellschaft zu gestalten, indem sie das Erbe Edith Steins verbreitet, sowie den jüdisch-christlichen Dialog, die deutsch-polnische Verständigung, kulturellen und wissenschaftlichen Austausch und die zivilgesellschaftliche Entwicklung fördert. Während wir beim weiteren Stadtrundgang natürlich wieder viele der kleinen Breslauer Zwerge fanden, führte unser Weg uns schließlich zur Dominsel, dem alten Zentrum der Stadt. Mit unserer Stadtführerin besichtigten wir dort den Dom und die Kirche „Maria auf dem Sande“. Nach einer kurzen Reflexionsrunde fuhren wir mit dem Bus in Richtung Flughafen. Auf dem Weg dorthin machten wir noch beim jüdischen Friedhof der Stadt Breslau, auf dem die Eltern Edith Steins bestattet sind, halt. So ging ein weiterer spannender aber auch anstrengender Tag mit der sicheren Heimreise zu Ende.